In einem Exklusivinterview mit bewusst-haushalten.at schwört Maximilian J. Riedel, seit 2013 in elfter Generation Chef der renommierten Tiroler Glasmanufaktur Riedel Glas, auf moderne Geschirrspüler, räumt mit Mythen rund ums Gläser-Spülen auf, und zeigt, wie die Pflege schöner Gläser gelingt.
Bewusst-haushalten.at: Herr Riedel, was macht für Sie ein edles Weinglas aus?
Maximilian J. Riedel (MJR): Diese Frage lässt sich gar nicht so leicht beantworten. Wir von Riedel stehen auf dem Standpunkt, dass die Form der Funktionalität folgen sollte. Die Formgebung des Glases wird also von der jeweiligen Traube bestimmt und muss die Frucht im Wein optimal zur Geltung bringen. Wir sehen das Weinglas als Lautsprecher, als Medium, das den Charakter des Weins transportiert.
BH: Wie waschen Sie Ihre Gläser, mit der Hand oder im Geschirrspüler?
MJR: Ich wasche alle Gläser im Geschirrspüler, egal ob dick oder dünn, mundgeblasen oder maschinell produziert. Ein moderner Geschirrspüler ist heutzutage unschlagbar. Allerdings dürfen Sie Gläser niemals mit Töpfen, Pfannen oder Messern mischen, damit der Wasserdruck in der Maschine sie nicht mit den Gläsern in Kontakt bringt.
BH: Was ist für die Pflege exklusiver Weingläser mit der Spülmaschine besonders wichtig?
MJR: Dass der Geschirrspüler gut gewartet wird. Genauso wie ein Auto sollte er alle ein bis zwei Jahre von einem Fachmann überprüft und wenn nötig neu eingestellt werden. Wenn etwa die Körbe lose werden, die Befestigungsdrähte rausschauen und die Gläser zerkratzen, ist das natürlich ein Desaster. Die richtige Bedienung der Maschine gemäß der Anleitung gilt es auch zu beachten, schließlich haben sich die Hersteller dabei ja auch etwas gedacht.
BH: Helfen Hausmittel wie Essig und Zitronensäure gegen trübe und milchige Gläser, wie immer wieder kolportiert wird?
MJR: Nein. Essig oder Zitronensäure sind sehr aggressiv und können die Gläser schädigen. Und schlimmer noch: Sie beginnen zu stinken, was für Weinliebhaber natürlich ein Alptraum ist. Mir sind ein paar Kalkflecken ehrlich gesagt lieber, als Geschmacks- und Geruchsrückstände in kostbaren Weingläsern.
BH: Wie vermeidet man die berüchtigte Glaskorrosion – durch Spülen mit niedriger Temperatur?
Für Riedelgläser kann ich das nicht bestätigen, allerdings verfügen höherwertige Geschirrspüler über die Möglichkeit, Gläser zu kühlen. Sehr gute Erfahrungen haben wir mit sogenannten Glassteinen gemacht. Das ist wasserlösliches Glas, das in die Spülmaschine gegeben wird und aggressive Seifen und Basen und damit Glaskorrosion verhindert.
BH: Welche Pflegetipps für schöne Gläser können Sie uns geben?
Wenn Sie am Freitag eine Party feiern, spülen Sie die Gläser nicht erst am Montag sondern bald danach. Spirituosen oder Wein können sich über mehrere Tage regelrecht ins Glas fressen und beim Rotwein zum Beispiel zu Farbablagerungen führen. Es empfiehlt sich daher, die Gläser unmittelbar nach Gebrauch mit etwas warmem Wasser auszuspülen, bevor Sie sie in die Spülmaschine stellen. Wichtig ist auch, die Gläser mit ein, zwei Zentimetern Abstand zueinander einzuräumen, damit sie sich in der Maschine nicht aneinander reiben.
BH: Stimmt es, dass man den Geschirrspüler nach dem Spülvorgang sofort öffnen sollte, um beschlagene Gläser und Ablagerungen zu verhindern?
Definitiv. Der Dampf nach dem Spülen ist wesentlich aggressiver als die im Wasser gelösten Stoffe. Moderne Geschirrspüler öffnen sich deshalb auch sofort um ein paar Zentimeter, damit er entweichen kann.
BH: Stichwort Nachhaltigkeit: Wie spüle ich Gläser besonders umweltschonend?
Moderne Geschirrspüler verbrauchen so wenig Wasser, dass Sie beim Spülen von Hand zwangsläufig mehr Wasser verbrauchen. Insofern ist die nachhaltigste und umweltschonendste Methode zweifellos ein Spülgang in einer guten Maschine.
BH: Was sollte man außerhalb der Spülmaschine beachten?
MJR: Die Gläser zu rotieren. Wenn Sie einen neuen Gläserschrank oder ein neues Küchenkästchen haben, kann es durch aggressive Lacke und Lösungsmittel passieren, dass Gläser die unbenutzt stehen bleiben, „erblinden“ also milchig und matt werden. Benutzen Sie daher regelmäßig alle Gläser und nicht nur einige wenige.
BH: Haben Sie eigentlich auch schon einmal Wein aus einem Plastikbecher getrunken.
MJR: Wer hat das nicht. Empfehlen würde ich es aber nicht.
Eine kleine Gläserkunde: Glas für Glas zum Genuss
Für echte Genießer ist nicht nur die Wahl des Weins eine Geschmacksfrage – auch bei den Gläsern sind Kenner anspruchsvoll. Denn Form und Größe der Öffnung sowie die Dicke des Glases haben einen entscheidenden Einfluss auf das Geschmackserlebnis. Generell gilt für alle Weingläser: Sie sollten schlicht – sprich unverziert, damit die Farbe des Weins zur Geltung kommt – und aus dünnem Glas sein. Wichtig ist zudem ein dünner, fein geschliffener Rand. Man unterscheidet zwischen verschiedenen Weingläserarten, um Aromastrukturen und unterschiedliche Geschmacksnuancen zum Vorschein zu bringen:
- Rotweine schenkst du entweder in universelle Rotwein-, Bordeaux – oder Burgundergläser ein. Wobei bauchige Gläser für körperreiche, kräftige Rotweine mit hohem Alkoholgehalt gedacht sind.
- Weißweine füllst du in Allround-Weißweingläser, Weißweinkelche (z.B. für Barriqueweine) oder Rieslinggläser. Letztere verfügen über eine so genannte Auslippung am Rand und sind für säurebetonte, spritzige Weißweine ideal.
- Champagner, Prosecco und Co. gehören in Schaumweingläser, die hochgezogen und in Tulpenform sind. Denn aus flachen Schalen kann die Kohlensäure zu schnell entweichen.
- Zum Dessert wird der Portwein gerne im Süßweinglas serviert. Dabei handelt es sich um ein kurzstieliges Glas mit schmalem, hochgezogenem Kelch